Noch bis Sonntag, 7. Januar, bzw. bis zum 17. März 2024, ist das Ausstellungsprojekt „München Displaced” in zwei parallel laufenden Ausstellungen im Jüdischen Museum und im Münchner Stadtmuseum zu sehen. Es geht um die Erfahrungen und Erzählungen von Displaced Persons unterschiedlichster Herkunft und Religionszugehörigkeit. Erstmals steht diese heterogene Gruppe im Mittelpunkt, also Personen, die im Zweiten Weltkrieg ins Deutsche Reich verschleppt wurden oder dorthin geflohen sind und sich 1945 in und um München befanden. Erstmals wird die Nachkriegsgeschichte von ehemaligen Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen, politischen KZ-Häftlingen sowie Geflüchteten auf Basis einer breit angelegten Forschung für die Stadt und den Landkreis München dargestellt.
Die gemeinsame Bestandsaufnahme des Jüdischen Museums und des Münchner Stadtmuseums zur Geschichte der Displaced Persons eröffnet zusammen einen ganz neuen Blick auf das München der Nachkriegszeit.
Das Münchner Stadtmuseum (Sankt-Jakobs-Platz 1) nähert sich dem vergessenen Schicksal und den Erzählungen von etwa hunderttausend Displaced Persons an, die sich 1945 in der Stadt befanden. Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintrittspreis beträgt 6 Euro (ermäßigt 3 Euro). Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben freien Zutritt. Ein Ticket gilt sowohl für die Ausstellung im Stadtmuseum als auch für diejenige im Jüdischen Museum. Nähere Informationen erhält man unter der Adresse www.muenchner-stadtmuseum.de/
Bildungseinrichtungen wie die internationale UNRRA-Universität im Deutschen Museum, die Ukrainische Freie Universität oder die Tolstoi-Bibliothek hatten damals eine große Bedeutung. Anhand der Wohnsiedlung Ludwigsfeld werden die Familienbiografien von ukrainischen, armenischen, kalmückischen und russischen Münchnern vorgestellt. Persönliche Fotografien, Audioaufnahmen und Videointerviews geben den sehr unterschiedlichen Displaced Persons aus Osteuropa erstmals ein Gesicht. Durch ein Panorama der Münchner Displaced Persons-Adressen wird der Forschungsstand in seiner Vielfalt und mit den aktuellen Lücken ersichtlich.
Das Jüdische Museum (St.-Jakobs-Platz 16) beleuchtet unter dem Ausstellungstitel „München Displaced. Der Rest der Geretteten” noch bis zum 17. März 2024 die lokale Infrastruktur der jüdischen Displaced Persons in München. Auch diese Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Es wird die Gegend rund um die Möhlstraße im Stadtviertel Bogenhausen beschrieben, das nach 1945 mit zentralen Einrichtungen wie der amerikanisch-jüdischen Hilfsorganisation JOINT, dem Zentralkomitee der befreiten Juden sowie vielen Lebensmittelläden und koscheren Restaurants von immenser Bedeutung war. Auch die Existenzgründungen jüdischer Displaced Persons nach 1945, die Eröffnung der wiederhergestellten Synagoge Reichenbachstraße 1947 und die „Ausstellung der Jüdischen Künstler“ 1948 in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus werden anhand erstmals gezeigter Ausstellungsstücke thematisiert. Das Jüdische Museum verweist auf viele weitere Adressen, die zum Alltagsleben, zur Geschichte und zur Kultur der jüdischen Displaced Persons gehörten und heute längst wieder gänzlich losgelöst von dieser temporären jüdischen Perspektive existieren. Die Idee dazu folgt der jiddischen Informationsbroschüre „Der Najer Jidiszer Wegwajzer fun di wichtigste Institucjes in Minchen“ aus der DP-Zeit.
Mit der Einbeziehung des Münchner Stadtraums ist der Wunsch verbunden, mit Ausstellungsbesuchern ins Gespräch zu kommen. Das Museum erhofft sich auch, von Nachkommen zusätzliche Adressen, Informationen und Erinnerungsstücke zu erhalten. So können Museumsbesucher unmittelbar die weitere Sammlungs- und Forschungsarbeit zum Thema unterstützen.