Griechische Keramik steht in der Regel für figurenreiche Bemalung mit Bildern aus Mythos und Alltag der Antike. Die neue Sonderausstellung „Black is Beautiful. Griechische Glanztonkeramik“ in den Antikensammlungen München am Königsplatz (zu sehen bis 6. Januar 2020) lenkt den Blick auf die schlichte Eleganz von rein schwarz bemalten griechischen Tongefäßen. Nur wenige farbige Akzente lenken ab von eleganter Kontur und glänzender Oberfläche. Diese Beschränkung eröffnet neue Einsichten zur griechischen Keramik und zu unserem eigenen ästhetischen Formempfinden.
Im antiken Griechenland wurde im Alltag undekoriertes, allenfalls schlicht verziertes Geschirr verwendet. Bei besonderen Gelegenheiten wie dem Symposion benutze man hingegen reich dekorierte und figürlich bemalte Gefäße. Im Laufe des 6. Jahrhunderts v. Chr. kamen im Segment der Luxuskeramik auch rein schwarz bemalte Gefäße in Mode. Eine Blütephase hatte diese schwarze Glanztonkeramik im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr., also in der Zeit der griechischen Klassik. Athen beherrschte damals den überregionalen Markt für Feinkeramik. Glanztonkeramik wurde dort in riesigen Stückzahlen produziert und im gesamten Mittelmeerraum verkauft.
Die Herstellung von Glanztonkeramik entsprach der der bemalten griechischen Keramik. Mit verdünntem Tonschlicker wurde das noch ungebrannte Gefäß mit einem Pinsel flächig bemalt oder auch vollständig in eine dünnflüssige Engobe getaucht und dann gebrannt. Die Formgebung der Glanztonkeramik griff das zeitgenössische Ideal von ausgewogener Proportionierung und kraftvoller Anspannung auf. Handwerklich erscheinen uns die schwarzen Gefäße wie eigenständige Meisterwerke. Doch es handelt sich dabei um gehobene Gebrauchsgegenstände, bei denen formschöne Gestaltung mit Funktionalität kombiniert wurde.
Der schwarze Glanzton wurde auch für die Verzierung von extravaganten Gefäßen in figürlicher Form verwendet. Tiere und Menschenköpfe waren beliebte Motive. Die oft kleinformatigen Behältnisse dienten unterschiedlichen Zwecken. Häufig standen das Trinken von Wein oder die gehobene Tischkultur im Mittelpunkt. In diesem Zusammenhang nutzte man die schwarze Farbe des Glanztons seit dem frühen 5. Jahrhundert v. Chr. auch für Darstellungen von Afrikanern bei sogenannten Kopfgefäßen. Daneben stehen Tierbilder in großer Zahl wie diejenige von Delfinen oder Schweinen.
Da es ist ein menschliches Grundbedürfnis ist, eine freie Fläche mit einem Muster dekorativ zu gliedern, wurden auch die rein schwarzen Gefäße im Verlauf der Zeit wieder verziert. Anfangs beschränkt sich der Dekor auf tongrundige Streifen oder auf in zusätzlichen Farben aufgetragene Linien in rot oder weiß. Diese stehen in der Regel in Bezug zur Struktur des Gefäßes – sie betonen Henkel, Füße oder Ränder. Im 5. Jahrhundert v. Chr. kam dann der Stempeldekor auf. Bei diesem wurden einzelne Motive wie Palmetten in den noch feuchten und damit weichen Ton gepresst. Ritzlinien konnten zu komplexen Dekorsystemen mit den eingestempelten Motiven verbunden werden. Daneben hat man größere Flächen zum Beispiel durch plastische Rippen gegliedert, die dem Gefäß einen metallischen Charakter verliehen.
Der dunkle Farbton bot auch einen attraktiven Untergrund für Dekore mit zusätzlichen Farben wie Weiß, Rot oder Gelb. Seit Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. experimentierten die Töpfer in Athen mit neuen Techniken und malten zum Beispiel figürlich auf einem einheitlich schwarzen Untergrund. Das übernahmen die etruskischen Vasenmaler und ließen so im 5. Jahrhundert v. Chr. großfigurige Mythosbilder entstehen. In Süditalien entstanden die Gnathia- und die Teano-Keramik. In Kombination mit eingeritztem und gestempeltem Dekor ist diese Art der Malerei auf schwarzem Untergrund kennzeichnend für spätklassische und hellenistische Keramik.
In der Sonderausstellung „Black is beautiful. Griechische Glanztonkeramik“ wird die Genese, Verbreitung und Weiterentwicklung dieser zeitlos-eleganten griechischen Keramikgattung nachgezeichnet. Die Schau kann weitgehend aus den reichen Beständen der Staatlichen Antikensammlungen bestritten werden. Hochkarätige Leihgaben von privaten Sammlern runden die Ausstellung ab.