Laut Robert-Koch-Institut leidet etwa ein Drittel aller Erwachsenen in Deutschland unter zu hohem Blutdruck, größter Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im Rahmen der diesjährigen Herzwoche unter dem Titel „Herz unter Druck“ veranstaltet die Kreisklinik Ebersberg einen Informationsabend zu dem Thema. Wir sprachen im Vorfeld mit dem Chefarzt der Kardiologie, Prof. Dr. Martin Schmidt.
Welche gesundheitlichen Folgen kann zu hoher Blutdruck haben?
Martin Schmidt: Wenn der Blutdruck anhaltend zu hoch ist, werden die Blutgefäße zu sehr belastet. Die Gehirngefäße sind besonders betroffen und daher ist das größte Risiko ein Schlaganfall. Aber auch ein Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Schäden an Organen wie Augen, Nieren oder den Gefäßen der Beine können die Folgen sein.
Bei einer Blutdruckmessung erhält der Patient zwei Werte. Ist das Risiko einer Folgeerkrankung niedriger, wenn nur ein Wert erhöht ist?
Martin Schmidt: Nein. Der erste Wert ist der systolische Druck, der angibt, mit welcher Kraft das Herz das Blut in den Blutkreislauf pumpt. Er sollte nicht über 140 mmHg liegen. Bei älteren Menschen ist dieser Wert oft erhöht, weil die Gefäße durch Ablagerungen verengt und weniger elastisch sind, das Herz muss dann mehr Kraft aufwenden. Wird der systolische Wert nicht gesenkt, kann das die gleichen Folgen haben, wie eine Erhöhung beider Werte. Der zweite Wert gibt den diastolischen Druck an. Er sollte nicht über 90 mmHg liegen. Erhöhte Werte stellen wir eher bei jüngeren Menschen fest, ausgelöst häufig auch durch sogenannte sekundäre Ursachen.
Welche sind das?
Martin Schmidt: Die häufigste sekundäre Hypertonie-Ursache ist eine Schlafapnoe, bei der Betroffene während des Schlafens Atemaussetzer über mehrere Sekunden haben. Der kurze Sauerstoffabfall im Blut lässt den Blutdruck ansteigen und der Schlaf ist insgesamt weniger erholsam. Das kann langfristig zu einer Herz-Kreislauf-Erkrankung führen. Weitere sekundäre Ursachen können eine Verengung der Nierenarterien oder hormonelle Veränderungen sein. In den Nieren und Nebennieren werden zum Beispiel blutdruckregulierende Hormone produziert. Besonders wenn bei jüngeren Menschen Bluthochdruck festgestellt wird, sollten die Ursachen unbedingt durch eine Umfeld-Diagnostik abgeklärt werden, etwa durch einen Ultraschall der Nierengefäße oder Blutuntersuchungen.
Was gehört zu den primären Ursachen einer Hypertonie?
Martin Schmidt: Bei dieser Form des Bluthochdrucks ist keine organische Ursache feststellbar, sie ist vielmehr eine Zivilisationskrankheit und kann durch Stress, Übergewicht, mangelnde Bewegung und ungesunde Ernährung entstehen. Das Risiko, eine sogenannte essentielle Hypertonie zu entwickeln, steigt mit dem Alter.
Viele Menschen wissen nicht, dass sie einen erhöhten Blutdruck haben. Woran liegt das?
Martin Schmidt: Es zeigen sich nur selten Symptome wie etwa Kopfschmerzen, Nasenbluten oder Gesichtsröte, stattdessen fühlen sich viele Betroffene sogar wohl. Menschen mit einem niedrigen Blutdruck sind oft erschöpft und müde, mit einem hohen Blutdruck fühlt man sich wacher und agiler. Wird ein erhöhter Blutdruck zufällig bei einer Vorsorgeuntersuchung entdeckt, sollte er beobachtet werden. Am besten ist es, ein Blutdruckmessgerät zu kaufen, einmal am Tag in einer Ruhephase zu messen und eine Art Tagebuch über die Ergebnisse zu führen.
Der Blutdruck kann aber auch im Lauf des Tages stark schwanken, richtig?
Martin Schmidt: Richtig. Um festzustellen, ob es sich um eine dauerhafte Hypertonie handelt, wird in der Regel eine Langzeitmessung über 24 Stunden vorgenommen, etwa beim Hausarzt, Kardiologen oder auch im Hochdruckzentrum der Kreisklinik Ebersberg. Bei einigen Patienten zeigen sich extreme systolische Spitzen von mehr als 200 mmHg, das sollte unbedingt vermieden werden. Generell sollte die Behandlung des Bluthochdrucks mit „Allgemeinmaßnahmen“ beginnen. So können zum Beispiel eine salzarme Ernährung und mehr Bewegung schon Abhilfe schaffen, gegebenenfalls auch eine Gewichtsreduzierung. Jedes Kilogramm weniger Körperfett senkt den Blutdruck um ein bis zwei mmHg. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, empfehlen wir dem Patienten blutdrucksenkende Medikamente.
Könnte das alles nicht auch vom Hausarzt in die Wege geleitet werden?
Martin Schmidt: Auf jeden Fall. Ins Hochdruckzentrum kommen meist Patienten, bei denen bereits mehrere Therapiemaßnahmen durchgeführt wurden und trotzdem noch hohe Blutdruckwerte bestehen. Sie werden bei uns auf sekundäre Ursachen untersucht oder gegebenenfalls zusätzlich gezielt mit blutdrucksenkenden Medikamenten behandelt. Das können bis zu sieben verschiedene Substanzen sein, alle mit unterschiedlichen Wirkmechanismen. Zu den Zielen gehören eine Entspannung der Gefäße, eine Wasserreduzierung im Körper, um den Druck auf die Gefäße zu verringern, und eine Entlastung des Herzens. Aber der Erfolg einer Therapie ist auch wesentlich abhängig von der Mitwirkung der Patienten, der sogenannten Compliance. Werden die Behandlungsempfehlungen nicht befolgt oder die verschriebenen Medikamente nicht oder nur unregelmäßig eingenommen, wird der Bluthochdruck bleiben. Im Hochdruckzentrum versuchen wir deshalb auch, die Patienten-Compliance zu verbessern. Nach Gesprächen und der Behandlung wird die weitere Therapie und Betreuung des Patienten wieder in die Hand des Hausarztes gegeben, mit dem wir in engem Kontakt bleiben.
Gibt es auch operative Möglichkeiten, Bluthochdruck zu therapieren?
Martin Schmidt: In therapieresistenten Fällen, in denen die Behandlung selbst mit drei und mehr blutdrucksenkenden Medikamenten keinen Erfolg zeigt und keine organische Ursache vorliegt, ziehen wir eine renale Sympathikusdenervation in Betracht. Bei diesem minimalinvasiven Eingriff werden Fasern des Stressnervensystems entlang der Nierenarterien mittels hochfrequentem Strom verödet, um die Aktivität des sympathischen Nervensystems zu reduzieren. Der Eingriff kann von erfahrenen Spezialisten in der Kreisklinik Ebersberg durchgeführt werden.
Am Dienstag, 9. November, informieren ab 18 Uhr vier Herz-Spezialisten der Kreisklinik Ebersberg zum Thema Bluthochdruck. Ort: Sparkassensaal Ebersberg
Weitere Infos gibt es auf www.klinik-ebe.de unter „Aktuelles“