Das Wort „Teppich“ ist derzeit in Weßling mit Vorsicht zu gebrauchen. Seit den Differenzen zwischen Schule, Eltern und der Gemeinde bezüglich des Fußbodenbelags der neuen Grundschule erregen sich die Gemüter bei der Frage „Teppich oder Parkett“. Die Eltern haben sogar eine Petition im Internet gestartet, um auf die Wichtigkeit des schalldämmenden Teppichbodens für das Lernhauskonzept hinzuweisen. Die im Internet gesammelten 380 Unterschriften, zuzüglich einiger Papierlisten, wurden jetzt im Briefkasten des Weßlinger Rathauses eingeworfen.
Grund des Streits ist, dass der Gemeinderat beschlossen hatte, den Boden der neuen Schule mit Parkett zu belegen. Doch für das Lernhauskonzept, bei dem viel Gruppenarbeit und eigenständiges Lernen gefordert sind, sei schallschluckender Teppich besser, so Elternbeirätin Alexandra Beier, eine der Initiatorinnen: „Für die Gruppenarbeit brauchen die Kinder Ruhe. Da stört es schon, wenn Stifte auf den Boden fallen, Stühle gerückt oder Schultaschen abgestellt werden. Auf einem Parkettboden sind solche Geräusche viel lauter als auf einem Teppichboden“. Vorbehalte früherer Zeiten als die textilen Beläge allergieauslösend, schnell verschlissen und voller Schadstoffe waren, wies sie zurück. Moderne Teppiche seien durchaus für Allergiker geeignet, schadstofffrei und unempfindlich. Billiger als Parkett seien sie obendrein, weiß die Elternbeirätin. Da die Kinder gleich nach der Eingangstüre ihre Straßen- mit Hausschuhen austauschen müssen, werde der Teppich geschont.
Die Lehrerkräfte der Schule haben sich mit einem offenen Brief an die Gemeinde gewandt und darin ihre guten Erfahrungen mit Teppichboden geschildert. „Die Lernatmosphäre ist insgesamt viel ruhiger und entspannter“, berichten sie.
Seit diesem Schuljahr seien die beiden vierten Klassen in neu eingerichteten „Lernhaus“-Klassen mit Teppich untergebracht. „Dies ermöglicht uns einen direkten Vergleich des Unterrichtens derselben Schülergruppe in Räumen mit unterschiedlichen Bodenbelägen“, erklären die Lehrkräfte. Fazit: Mit Teppich gebe es „deutlich weniger Unterrichtsstörungen, die Klassen sind insgesamt ausgeglichener, die Schüler können sich besser konzentrieren und dadurch erfolgreicher lernen“ und die Kinder würden sich wohler fühlen.
Deswegen würden die Lehrkräfte nicht verstehen, warum der Gemeinderat „sich beim neuen Schulhaus entgegen unserer Erfahrungen, entgegen dem pädagogischen Konzept und entgegen der Ausführungen im Pädagogischen Raumfunktionsbuch gegen einen Teppich entschieden“ habe, heißt es in dem Schreiben, das zwölf Lehrkräfte der Weßlinger Grundschulen unterschrieben haben. Jetzt hoffen Schule und Eltern, dass der Gemeinderat sich doch noch für „Teppich“ entscheidet, bevor in einigen Wochen der Estrich gegossen wird.