Es ist das intimste und persönlichste Buch, dass der Weßlinger Schriftsteller und Verleger Anton G. Leitner herausgegeben hat. Der Anlass für den Schreibprozess ist freilich ein trauriger. Nachdem sein Vater, Anton Leitner, der Pädagogen und langjährige Schuldirektor des Germeringer Carl-Spitzweg-Gymnasiums vor zwei Jahren verstorben war, hat sein Sohn den Schmerz um den Verlust ein ganzes Trauerjahr lang Tag für Tag schriftlich aufgearbeitet. Das habe ihm bei der Trauerbewältigung geholfen und Halt gegeben. Anschließend folgte nochmals ein Jahr, in dem die Aufzeichnungen für das Buch bearbeitet und geordnet wurden. Am zweiten Todestag des Vaters erscheinen die „Erinnerungsstücke und nachgerufenen Verse“ des Buchs „Vater, unser See wartet auf dich“. Es sei „so etwas wie eine kleine Autobiografie, zusammengesetzt aus Mosaiksteinchen, die in ihrer Anordnung vielleicht sogar ein ganzes Bild ergeben – von meinem Vater und mir und von unserem Verhältnis zueinander. Und im besten Fall verweist das Ganze dann auch ein wenig über uns beide hinaus“. In dem Buch wechseln sich kleine Prosatexte mit Erinnerungen aus dem Leben der beiden ab mit poetischen Versen – mal tieftraurig, dann wieder urkomisch – dazu hat Leitner Fotos aus dem Familienalbum gestellt.

Am ersten Sterbetag des Vaters hat er ein Zwiegespräch zwischen Mutter und Sohn gedichtet, dass in der Aussage gipfelt: „‘S is nimma schee. Nimma schee iss. Nimma schee. Wiaggli nimma schee.“. Vor allem die Prosastücke machen den humorvollen Menschen und begnadeten Altphilologen in seinen verschiedenen Lebensphasen erlebbar. Der Sohn schreibt davon, wie der Vater im Sommer im Bademantel an den Weßlinger See gewandert ist, er berichtet von dessen Erinnerungen an die Bombenangriffe im zweiten Weltkrieg, von Familienurlaube in Italien, er steuert einige Anekdoten bei, die den valentinesken Humor des Menschenfreunds belegen, dessen stete Sorge dem Wohlergehen all seiner Schützlinge und natürlich seines einzigen Sohnes galten. Immer wieder spürt man aber auch Momente der Verzweiflung, wenn Leitner sich an den zunehmenden Verfall des Vaters nach seinem Unfall erinnert, wenn er daran denkt, dass er wegen zeitraubender Kontrollen zur Corona-Zeit es zu spät ans Sterbebett des Vater geschafft hat. Ein „überschäumendes Temperament in Kombination mit altbairischem Witz und Columbo-artiger Schrulligkeit machten den Vollblut-Altphilologen zu einem unverwechselbaren Original“, heißt es auf dem Klappentext. „So still. Das Haus ohne dich. Mein Vater. Dein Bad-Radio streikt. Der Akku“, heißt es am fünften Tag nach dem Tod und ein Jahr, ein Monat und einen Tag nach dem Tod des Vaters hält er mit ihm Zwiesprache am Grab. „…er ist mit seinem Latein noch lange nicht am Ende, kommuniziert mit mir vielleicht über jene Waldameise, die gerade meine Nackenhärchen krault, verdächtig sanft“.
Am Montag, 22. Mai, 19.30 Uhr, liest Anton G. Leitner bei seiner Bayern-Premiere im Seehaus Raabe, Seestraße 97 bei einer öffentlichen Veranstaltung des Rotary Club in Wörthsee. Eintritt ist frei.