Das LMU Klinikum übernahm vergangene Woche an einem Tag drei Covid-Intensivpatienten aus anderen Kliniken. Gleichzeitig mussten ein Kind und ein Erwachsener notfallmäßig lebertransplantiert werden, zwei Patienten erhielten rettende Lungenspenden und ein beatmeter Patient mit Fistel zwischen Hauptschlagader und Speiseröhre wurde zur Operation übernommen. Die dafür erforderlichen Intensivbetten gab es vor einer Woche noch gar nicht.
„Wir mussten diesen Patienten übernehmen“, sagt Prof. Matthias Klein, der Leiter der Zentralen Notaufnahme am LMU Klinikum in Großhadern, über einen der Patienten. Mit Covid-Infektion und einem Lungenversagen in der bereits überlasteten Region Augsburg hätte dieser Patient sonst nach Norddeutschland geflogen werden müssen. Da er am LMU-Klinikum sofort an eine künstliche Lunge (ECMO) angeschlossen werden musste, hätte er den Transport nicht überlebt.
Ähnliches gilt für die Übernahme einer Patientin mit Massenblutung im Gehirn, bei der ebenfalls das Virus nachgewiesen werden konnte. „In dieser Situation bleibt nur noch die Verlegung an ein Krankenhaus mit allen medizinischen Möglichkeiten, wie etwa das LMU-Klinikum, weil so etwas auch ohne vierte Corona-Welle die Möglichkeiten anderer Kliniken meistens übersteigt“, sagt Prof. Klein.
Beide Patienten liegen in Intensivbetten, die es vor einer Woche wegen des andauernden Fachkräftemangels in der Pflege noch gar nicht gab. „Die Leitung unserer Pflege hat es geschafft, aus Freiwilligen mit Intensiv- und Beatmungserfahrung, die vorher in verschiedenen Bereichen im Klinikum gearbeitet haben, neue Teams zusammenzustellen, mit denen wir in den letzten Tagen praktisch täglich zwei neue Intensivbetten öffnen konnten“, ergänzt Privatdozent Dr. Michael Irlbeck, der Intensivkoordinator am LMU Klinikum.
Diesen Kolleginnen und Kollegen ist er wirklich dankbar, aber die Lücken, die sie an anderer Stelle hinterlassen, sind nicht mehr zur schließen und auch diese Notfallreserve ist limitiert. Nachdem die Corona-Stationen zweimal erheblich vergrößert werden mussten, fehlen die Pflegekräfte jetzt auf den Allgemeinstationen und vor allem im OP.
„Jetzt, wo wir unsere elektiven Operationen zurückgefahren haben, um die Pflegeprofis auf den Intensivstationen einzusetzen, gehen Patienten nur noch wegen unaufschiebbarer Eingriffe in den OP oder wenn es um Leben und Tod geht. Nur so war es möglich, an einem einzigen Tag einen Patienten mit einer komplexen Verletzung der Hauptschlagader zu versorgen, einem zweijährigen Kind und einem Erwachsenen eine neue Leber zu transplantieren und bei zwei weiteren Patienten das akute Überleben mit einer Lungentransplantation zu sichern“, betont Prof. Bernhard Heindl, der den OP koordiniert und gleichzeitig die Covid-Task-Force leitet.
Selbst einen Supramaximalversorger wie das LMU-Klinikum bringt diese vierte Corona-Welle an die Grenzen seiner Möglichkeiten. Täglich Schwerstkranke und Schwerverletzte zu versorgen, die sonst nirgendwo in Oberbayern die Hilfe von Experten finden würden und gleichzeitig die letzte Chance für komplexe Covid-Patienten aus anderen, überlasteten Krankenhäusern zu sein, ist ein Spagat, der allen am LMU Klinikum das Äußerste abverlangt.
„Ministerpräsident Söder hat uns einmal lobend die Speerspitze und das Rückgrat der medizinischen Versorgung genannt“, ergänzt Prof. Markus M. Lerch, der Ärztliche Direktor. „Das ehrt uns, aber jetzt sind wir vor allem die letzte Wiese für schwerstkranke Patienten und Krankenhäuser in Not.“