Veröffentlicht am 05.10.2022 00:00

Die Familie Pringsheim in München -Teil 2


Von Brigitte Bothen [bb] (brigitte.bothen@muenchenweit.de, bbo)
Bild 1: Alfred Pringsheim in jüngeren Jahren (Foto: de.wikipedia.org)
Bild 1: Alfred Pringsheim in jüngeren Jahren (Foto: de.wikipedia.org)
Bild 1: Alfred Pringsheim in jüngeren Jahren (Foto: de.wikipedia.org)
Bild 1: Alfred Pringsheim in jüngeren Jahren (Foto: de.wikipedia.org)
Bild 1: Alfred Pringsheim in jüngeren Jahren (Foto: de.wikipedia.org)

Alfred und Hedwig Pringsheim hatten sich jahrelang mit zunehmendem Erfolg bemüht, Anschluss an die kulturell einflußreichen und die gesellschaftlich führenden Kreise zu finden. Sie hatten dies nicht nur dem von Alfreds Vater ererbten Reichtum zu verdanken, sondern mehr dem geistvollen Witz und der weltmännischen Art des um künstlerischen Einfluss bemühten Mathematikprofessors (Bild 1). Es war aber auch der Schönheit, Klugheit und dem geistreichen Gesprächstalent der Dame des Hauses zu verdanken, dass bald Münchens erste Kreise gerne das Pringsheim-Palais in der Arcisstraße besuchten. Beide galten was in der bayerischen Haupt- und Residenzstadt.

Das in Teil 1 offengelegte Vermögen von Pringsheim ermöglichte ihm den Aufbau mehrerer Kunstsammlungen. Er kaufte, wo er immer sie fand, Renaissance-Bronzeplastiken, Emaille-, Silber- und Goldschmiedearbeiten, Gobelins und Gemälde und trug eine Majolika-Sammlung zusammen, die angeblich zu den bedeutendsten der Welt gehört haben soll.

Sein Enkel Klaus Mann schrieb später: “Wenn ich versuche, mir das Esszimmer vorzustellen, wo ich in der Gesellschaft von Erwachsenen aufrecht bei Tisch sitzen durfte, so ist es der große Speisesaal des Pringsheimschen Hauses, der mir in den Sinn kommt – reich geschmückt mit Gobelins, schönem Silbergerät und den langen Reihen von Ofeys (verm. Opas) schillernden Majolikas. Unsere ganze Kindheit hindurch bedeutete uns diese Sammlung den Inbegriff von kostbarer Zerbrechlichkeit.“

Neben dem Speisesaal, der in Teil 1 abgebildet war, seien hier der Musik- und Tanzsaal (Bild 2) und die Bibliothek (Bild 3) mit dem Bärenfell aus Thomas Manns „Wälsungenblut“ sowie dem Lenbachportrait von Hedwig Pringsheim wiedergegeben. Die Novelle Wälsungenblut von Thomas Mann, dem nicht immer geschätzten Schwiegersohn der Pringsheims, karikiert Richard Wagners Musikdrama „Die Walküre“. Damit setzte sich Thomas Mann bei seinem Schwiegervater, dem fanatischen Wagnerfan, sehr in die Nesseln.

Aber Alfred war nicht nur ein vermögender, spendabler und witziger Kunstliebhaber und Gastgeber, sondern auch ein unberechenbarer Liebhaber schöner Frauen, dem seine Hedwig auch in heiklen Situationen nur mit einer gewissen Souveränität und Lebensklugheit begegnen konnte. Alfred liebte vor allem Sängerinnen und Tänzerinnen. Mit der gefeierten Münchner Opernsängerin und Wagner-Interpretin Milka Ternina, einer geborenen Österreich-Ungarin, hatte Pringsheim ein stadtbekanntes Dauerverhältnis. Seine Frau dachte aber keineswegs an Scheidung, sondern band diese Nebenfrau in den Alltag ihres Hauses ein. Die Kinder äußerten sich einmal dahingehend, dass der Vater sich wie ein Witwer benehme, der eine neue Frau sucht. Das nur zum Bild dieser Familie in der obersten Münchner Gesellschaftsschicht.

Frau Hedwig (Bild 4) gehörte zu den geistvollsten, bekanntesten und beliebtesten Frauen Münchens. Sie war als schöne und charmante Gastgeberin für die vielen großen Ereignisse im Haus Pringsheim verantwortlich, die es zu einem gesellschaftlichen Zentrum der Kulturstadt München machten.

Das ausgelassene Dehnungs-h, z.B. Höe statt Höhe, one statt ohne, Mon statt Mohn und anderes gehörte zu den Eigenarten seiner Frau Hedwig, die viele Briefe an Freunde und Bekannte aus höheren Bildungsschichten schrieb. Alle Briefempfänger wussten mit dieser eigenartigen Orthografie umzugehen, auch wenn sie manchmal Verständnisschwierigkeiten hatten.

Hedwig Pringsheim wollte, ebenso wie ihr Mann, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten nicht ins Ausland gehen, weil Pringsheim sich als deutscher Staatsbürger mit nicht mehr praktiziertem mosaischen Glauben sah. Als es für die jüdische Familie fast zu spät war, halfen gute Verbindungen und ein couragierter SS-Mann, die Ausreisepässe zu beschaffen und im Oktober 1939 nach Zürich auszureisen. Pringsheims wertvolle Sammlungen und sein Haus wurden zwangsverkauft. Sein Haus wurde abgerissen und an dieser Stelle ein Verwaltungsbau der NSDAP errichtet, in dem heute das „Münchner Haus der Kulturinstitute“ zu finden ist.
Der ursprünglich vermögende, von den Nazis weitgehend enteignete Alfred Pringsheim starb am 25. Juni 1941 in Zürich, ein Jahr später seine Frau Hedwig.

Und in Untermenzing trägt eine Straße den berühmten Namen Pringsheim.

north