Veröffentlicht am 13.02.2025 11:25

24-jähriger Afghane steuert sein Auto in Menschenmenge: 30 Verletzte


Von red
Am Stiglmaierplatz ist ein Auto in eine Menschenmenge gefahren. Die Polizei ermittelt. (Symbolbild: mha)
Am Stiglmaierplatz ist ein Auto in eine Menschenmenge gefahren. Die Polizei ermittelt. (Symbolbild: mha)
Am Stiglmaierplatz ist ein Auto in eine Menschenmenge gefahren. Die Polizei ermittelt. (Symbolbild: mha)
Am Stiglmaierplatz ist ein Auto in eine Menschenmenge gefahren. Die Polizei ermittelt. (Symbolbild: mha)
Am Stiglmaierplatz ist ein Auto in eine Menschenmenge gefahren. Die Polizei ermittelt. (Symbolbild: mha)

In der Nähe des Stiglmaierplatzes ist am Donnerstag, 13. Februar, gegen 10.30 Uhr, ein Auto in eine Verdi-Kundgebung gefahren. Es gibt nach aktuellem Stand 30 Verletzte, mindestens zehn davon schwer. Unter den Verletzten sind auch Kinder, eines von ihnen ist sehr schwer verletzt. Wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor Journalisten sagte, handelt es sich bei der Tat um einen „mutmaßlichen Anschlag”. Für die städtischen Gebäude ordnete Oberbpürgermeister Dieter Reiter bis kommenden Dienstag Trauerbeflaggung an.

Der Vizepräsident der Polizei, Christian Huber, teilte Details zum Tathergang mit. Demnach habe ein Polizeifahrzeug das hintere Ende der Verdi-Kundgebung abgesichert. Die Versammlung mit etwa 1.500 Teilnehmern befand sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg zum Abschlusskundgebungsort in Richtung Königsplatz. Von hinten habe sich ein Mini Cooper genähert, auf Höhe des Polizeiwagens beschleunigt und sei dann in die Menschenmenge gefahren. Polizisten gaben einen Schuss auf den Wagen des Attentäters ab, um ihn zu stoppen. Der Mann wurde rasch überwältigt. Er war leicht verletzt, hatte aber keine Schussverletzung. Da zahlreiche Einsatzkräfte u.a. mit Verkehrsmaßnahmen die Verdi-Versammlung begleiteten, konnten bei den Verletzten sofort Erste-Hilfe-Maßnahmen eingeleitet werden.

Täter war nicht ausreisepflichtig

Der Fahrzeuglenker ist der 24-jährige in München wohnende Afghane Farhad N. Er war 2016 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland gekommen. Sein Asylantrag war hier abgelehnt worden war. Laut Oberbürgermeister Dieter Reiter war der Mann nicht ausreisepflichtig, weil er in Beschäftigung war und daher eine Duldung hatte. Seit 2021 hatte er einen gültigen Aufenthaltstitel. Daher habe er sich rechtmäßig in Deutschland aufgehalten.
Wegen kleinerer Delikte - Innenminister Joachim Herrmann sprach zunächst von Ladendiebstahl und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz - sei der Mann polizeibekannt. Er und die Münchner Polizei korrigierten am Donnerstagabend, der Täter sei „polizeibekannt, in denen er aufgrund seiner vorherigen Tätigkeit als Ladendetektiv als Zeuge geführt” wurde. Von einer Beteiligung weiterer Personen an dem mutmaßlichen Anschlag geht die Polizei nicht aus. Bei diesem Einsatz waren ca. 300 Polizeibeamte eingesetzt.
Am Nachmittag wurde eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Parkstadt Solln durchsucht, in dem der Afghane gewohnt haben soll. Polizei und Generalstaatsanwaltschaft äußerten sich dazu nicht.

Die Generalstaatsanwaltschaft München, Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET), hat die Ermittlungen übernommen, da Anhaltspunkte für einen extremistischen Hintergrund vorliegen. Zwischenzeitlich war von einem Insta-Posting des Mannes am Vortag die Rede, der dahingehend interpretiert wurde; am Abend hieß es dann, der Inhalt sei eher religiöser Natur. Eine zunächst noch für Donnerstag angekündigte Erklärung hat die ZET verschoben. Die Münchner Polizei will am Freitag, 14. Februar, um 11 Uhr, eine Pressekonferenz geben.

Am frühen Abend kam Bundesinnenministerin Nancy Faeser nach München, um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen. Sie kündigte an, der Rechtsstaat müsse „maximale Härte zeigen”. Die Bundesregierung habe die Gesetze zur Ausweisung von Gewalttätern „massiv verschärft”. Dies müsse jetzt konsequent durchgesetzt werden.

„Trifft München ins Herz”

Oberbürgermeister Dieter Reiter
Oberbürgermeister Dieter Reiter machte sich am Mittag gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Georg Eisenreich vor Ort ein Bild. Dabei sagte Reiter: „Heute ist ein schwarzer Tag für München. Ich kann sagen, dass meine Gedanken bei allen Verletzten und Schwerstverletzten sind. Ich hoffe, dass sie alle überleben werden und wieder gesund werden.”
Reiter sagte weiter: „Es ist auch so, dass es zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von mir sind, da es eine Versammlung der Gewerkschaft Verdi war und dort viele Kolleginnen und Kollegen von mir von der Stadtverwaltung München dabei waren. Auch das bedrückt mich sehr. Wir können jetzt nur alles dazu beitragen, unter anderem beispielsweise den Aufenthaltsstatus des Täters aufzuklären. Wir werden unseren Teil dazu beitragen. Ansonsten müssen wir auf die Ergebnisse der Ermittlungen warten. Ich will auch Danke sagen an die Polizei und an die Sicherheitskräfte, die Feuerwehr, die sehr sehr schnell für die Abtransporte der Verletzten gesorgt hat. Wie gesagt: Ein bitterer Tag für München heute.“

Ministerpräsident Markus Söder
„Es ist einfach furchtbar und schmerzt so sehr”, sagte Ministerpräsident Markus Söder am Tatort. „Wir fühlen mit allen Opfern und beten für die Verletzten und alle Angehörigen. Danke an die Einsatzkräfte für das schnelle und entschlossene Eingreifen. Klar ist: Wir reagieren immer besonnen – aber wir sind auch entschlossen. Es ist nicht der erste Anschlag dieser Art. Anteilnahme und Aufarbeitung sind wichtig. Es muss sich aber in Deutschland auch grundlegend etwas ändern.“

2. Bürgermeister Dominik Krause
„Diese schreckliche Tat trifft München mitten ins Herz. Ich bin schockiert und tief erschüttert. Meine Gedanken sind bei den Verletzten und ihren Angehörigen und Freunden”, äußerte sich Münchens 2. Bürgermeister Dominik Krause: „Viele Kolleginnen und Kollegen aus der Stadtverwaltung sind unter den Verletzten. Menschen, die sich täglich darum kümmern, dass unsere Stadt funktioniert - ob in den Kitas oder der Müllabfuhr. Etliche der Teilnehmer hatten ihre Kinder dabei. Das macht die Tat umso abscheulicher.”

Holger Grießhammer, SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag
„Wir sind entsetzt über die schreckliche Tat, die sich heute in München bei einer Gewerkschaftsdemonstration ereignet hat”, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Holger Grießhammer. „Unsere Gedanken sind bei den Verletzten und ihren Familien. Wir danken allen Einsatzkräften, die durch ihr schnelles Eingreifen den Täter stellen und damit noch weitere Verletzte verhindern konnten. Jetzt gilt es, die Ermittlungen abzuwarten. Gleichzeitig zeigt uns dieser Vorfall: Wir müssen jetzt handeln und alles Mögliche dafür tun, um solche schrecklichen Anschläge zu verhindern.“

Gewerkschaft Verdi
Die Gewerkschaft Verdi schrieb in einem Statement: „Wir sind zutiefst bestürzt und schockiert über den schwerwiegenden Vorfall während eines friedlichen Demonstrationszuges von Kolleginnen und Kollegen. Unsere Gedanken sind bei den unschuldigen Opfern und Verletzten und ihren Angehörigen. Wir danken allen Helferinnen und Helfern für ihren Einsatz. Dies ist ein schwerer Moment für alle Kolleginnen und Kollegen. Wir Gewerkschaften stehen für ein solidarisches Miteinander, gerade auch in so einer dunklen Stunde. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen uns noch keine gesicherten Informationen über die Hintergründe des Vorfalls vor. Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen und warten die Ermittlungen der Polizei ab.”

Jana Weidhaase, Bayerischer Flüchtlingsrat
„Dieses tragische Ereignis erfüllt uns mit großer Trauer und Bestürzung. Unsere Anteilnahme gilt den Opfern und ihren Angehörigen“, so Jana Weidhaase vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Gleichzeitig befürchten wir, dass vorschnelle und vereinfachende Schlüsse aus der Tat gezogen werden und die Tat für rassistische Hetze missbraucht wird.”
Die Ursachen für solche Gewalttaten seien komplex und lassen sich nicht auf eine einzelne Erklärung reduzieren, so der Flüchtlingsrat. Er warnte davor, einen direkten Zusammenhang zwischen Gewalt und Herkunft herzustellen. Diese Rhetorik sei gefährlich und führe nur zu mehr Angst und gesellschaftlicher Spaltung. Es brauche eine sachliche und differenzierte Berichterstattung, die der Komplexität solcher Taten und deren Aufarbeitung gerecht wird, ohne alle Schutzsuchenden in Mithaftung zu nehmen.
„Die Tat ist schrecklich und nicht zu entschuldigen. Umso mehr appellieren wir an Politiker*innen, Medienvertreter*innen und Zivilgesellschaft, jetzt besonnen zu reagieren. Gewaltverbrechen dürfen nicht für politische Stimmungsmache oder den Wahlkampf missbraucht werden“, so Weidhaase weiter. „Gerade heute müssen wir als Zivilgesellschaft fest zusammenstehen.“

Bischöfin Kirsten Fehrs und Bischof Dr. Georg Bätzing
„Das furchtbare Verbrechen, das heute in München verübt wurde, erschüttert uns zutiefst”, erklärten die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, gemeinsam. „Bei einer friedlichen Demonstration sind Menschen auf grausame Art verletzt und so aus ihrem Leben gerissen worden. Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Opfern und ihren Angehörigen, aber auch bei den Seelsorgern und Einsatzkräften, die sich vor Ort um sie kümmern. Wir bringen unsere Klage über das Leid der Menschen, die von dieser abgründigen Gewalt betroffen sind, gemeinsam vor Gott und bitten um Hoffnung und Trost.“

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