Wo die Unterföhringer bislang durch den Pappelweg spazierten, gehen sie nun den Schlesierweg entlang. Vor kurzem montierten Phillip Reitberger und Helmut Pauker vom Bauhof im Beisein von Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer, Kurt Losert und Hanne Kosta, Ehrenvorstand und 1. Vorstand der Ortsgruppe Unterföhring der Sudetendeutschen Landsmannschaft, das alte Straßenschild ab und brachten das neue an.
Auf Einladung von Hanne Kosta waren der gebürtige Schlesier Andreas Starosta und Markus Treml, Mitglied der Sudetendeutschen Landsmannschaft, vor Ort. Den Antrag auf eine Umbenennung hatte die Ortsgruppe, vertreten durch den 96-jährigen Kurt Losert, Ende Oktober 2023 in den Gemeinderat eingebracht. Da in dem Viertel die Sudetenstraße bereits das ganze Sudetenland und seine Vertriebenen würdige und die Egerlandstraße dessen Nordostteil, würde man mit dem Schlesierweg auch der großen Zahl Vertriebener von der Ostseite der Tschechischen Republik gerecht, hieß es zur Begründung. Am Pappelweg stehe zudem keine einzige Pappel mehr. Wohnadressen, die umzumelden wären, gebe es dort auch nicht. In seiner Sitzung im Dezember 2023 hatte der Gemeinderat dem Antrag daraufhin stattgegeben und beschlossen, den Pappelweg in Schlesierweg umzubenennen.
Im letzten Kriegsjahr 1945 lebten in Unterföhring 1.725 Menschen. Im Jahr darauf musste die Gemeinde dann fast 1.000 Heimatvertriebene unterbringen. Viele davon stammten aus dem Sudetenland, das sich das Deutsche Reich nach dem Münchner Abkommen 1938 einverleibt hatte und das nach Kriegsende wieder an die Tschechoslowakei gefallen war. Auch Teile Schlesiens waren dem wiederhergestellten Staat zugesprochen worden, andere gehörten fortan zu Polen. Die bis dahin dort lebende deutsche Bevölkerung wurde wie die Sudetendeutschen enteignet und vertrieben. Auch von dort kamen viele Menschen nach Unterföhring. Hier wurden die Heimatvertriebenen zunächst notdürftig in ehemaligen Baracken für Ziegeleiarbeiter und Kriegsgefangene untergebracht.
Um die extreme Wohnungsnot zu bekämpfen, wies die Gemeinde zu Beginn der 1950er Jahre Bauland für Eigenheime aus und unterstützte Bauwillige mit günstigen Preisen. 1953 kaufte sie das Gelände der Baufirma Holzmann zwischen Bahnhof- und Feldstraße, riss eine stillgelegte Ziegelei sowie ein altes Asphaltwerk ab und teilte das eingeebnete Gelände in Bauparzellen ein. Auf diesen gut 94.000 Quadratmetern fanden viele Vertriebene ihre neue Heimat, es entstanden die Egerland- und die Sudetenstraße. Beide werden künftig nun durch den Schlesierweg verbunden.