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Foto: Eva Schraft

„Das Einfachste war schon was Besonderes”

Vor 70 Jahren, am 4. Dezember 1939, wurde vom Großvater des jetzigen Bäckermeisters die Bäckerei Reicherzer gegründet, die nun in der Neuaubinger Limesstraße ihr Stammhaus hat. Dazwischen wurde die Bäckerei lange Jahre von Bäckermeister Adolf Reicherzer (78 Jahre) und seiner Frau Rosmarie (75) geführt. In den Nachkriegsjahren haben sich die Beiden noch nicht gekannt, ihren Erinnerungen an Weihnachten 1945 bis 49 ist aber gemeinsam, dass das Kriegsende als Befreiung empfunden wurde und man nach jahrelangem Krieg mit Wenigem zufrieden war.
22.12.2009 10:43 Uhr
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Foto: Eva Schraft

Fluchtadresse: „Werste 17“

Geboren 1934 in Masuren als Sohn eines Dorfschmiedes, verbrachte Siegfried Kalwa (Vorsitzender der AWO-Germering und im Vorstand der Landesseniorenvertretung Bayern) bis Ende 1944 eine „absolut sorglose Kindheit“. Im Herbst 1944 wurde er mit zehn Jahren von der Oberschule in ein „Kinderlandverschickungslager“ auf sogenanntes friedliches Gebiet von Neidenburg nach Görlitz verlagert; in diesem Jahr musste Kalwa sein erstes Weihnachtsfest ohne Eltern und seine drei jüngeren Geschwister erleben. Doch es sollte noch schlimmer kommen! Nachdem seine Schule zuerst im Januar 45 nach Plauen verlegt worden war, wurde sie im Herbst gänzlich aufgelöst; der Elfjährige musste sich völlig auf sich alleingestellt zu den Verwandten seiner Mutter durchschlagen: „Als wertvoll erwies sich hier, dass mein Vater nie locker gelassen hatte, bis wir Kinder unsere Fluchtadresse ‚Wreste 17’ und den Namen der Verwandten auswendig konnten – bei seinem Fronturlaub im Sommer 44 hat er uns nachts aus dem Schlaf gerissen und wir mussten sofort die Fluchtadresse wissen!“.
22.12.2009 10:43 Uhr
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Helga Betz ist Vorsitzende des Seniorenbeirats Germering sowie Vorstand des Kleingartenvereins (Foto: ES)

„Eine Tüte Guttis”

Helga Betz, Vorsitzende des Seniorenbeirats Germering sowie Vorstand des Kleingartenvereins, ist 1940 geboren, war also an Weihnachten 1945 erst fünf Jahre alt: „Trotzdem kann ich mich an die Weihnachtstage noch gut erinnern, weil ich aus einer Familie mit elf Kindern stamme.“ Zuerst einmal sei es wunderbar gewesen, dass die Eltern das Haus in der Gilchinger Dorniersiedlung nach dem Krieg nicht räumen mussten, weil sie so kinderreich waren – stattdessen wurde noch eine Mutter mit vier Kindern bei ihnen einquartiert. „Einen Weihnachtsbaum hatten wir auch in den Nachkriegsjahren immer. Während der geschmückt wurde, durften wir nicht ins Wohnzimmer rein, wir waren aber neugierig und haben versucht, durchs Schlüsselloch was zu erspähen. Dann wurden wir Kinder alle zusammen rausgeschickt zum Spielen ins Freie, danach mussten wir uns umziehen und wenn das Glöckchen klingelte, durften wir endlich rein ins Wohnzimmer. Zur Bescherung gab es natürlich damals nur selbstgemachte Sachen wie Handschuhe, Pullover oder Plätzchen. Danach haben wir Kartoffelsalat und Würstl und zum Nachtisch Kompott gegessen, alles selbstgemacht, denn meine Mutter hatte immer einen Gemüse- und Obstgarten. Alle waren zufrieden, damals gab es mehr Zusammenhalt als heute. Trotzdem erinnere ich mich noch ganz stark daran, dass wir Kinder in den Nachkriegsjahren immer von den Amerikanern zu einer Weihnachtsfeier eingeladen wurde ins damalige Café Hartl in Gilching: Jedes Kinder bekam dann eine ganze Tüte Guttis nur für sich allein, das war natürlich richtig toll in Zeiten, in denen man Äpfel geklaut und mit allen Geschwistern geteilt hat!“
22.12.2009 10:43 Uhr
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Fluchtadresse: „Werste 17“„Eine Tüte Guttis”„Unser Glaube hat uns geholfen”
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