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Die Ästhetik des Grauens. Die 14 Meter hohe Rakete „V2” aus dem Zweiten Weltkrieg steht im Treppenhaus in der Luft- und Raumfahrthalle des Deutschen Museums.  (Foto: Deutsches Museum, Hubert Czech )

Das letzte Geheimnis der „V2”: Expertinnen untersuchen die 14-Meter-Rakete im Deutschen Museum

Wer dieser Tage in der Luft- und Raumfahrthalle an der riesigen Weltkriegs-Rakete „V2” im Deutschen Museum vorbeiläuft, wird die dort aufgebauten Untersuchungsgeräte bemerken: spezielle Kameras, Lampen, ungewöhnliche Computer. Forscherinnen sind dabei, der 14 Meter langen Rakete ihre letzten Geheimnisse zu entlocken – und die Restaurierung des Exponats vorzubereiten. Dass die Terror-Waffe der Nazis von einer Wendeltreppe umgeben ist und nicht die ganze Luft- und Raumfahrthalle des Deutschen Museums optisch dominiert, ist kein Zufall: Die Museumsmacher wollten der schrecklichen Waffe keinen allzugroßen Auftritt geben. Tausende dieser Raketen gingen im Zweiten Weltkrieg auf London und Antwerpen nieder, rund 20.000 KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter starben allein im KZ-Komplex Mittelbau-Dora, wo die Rakete unter unmenschlichen Bedingungen produziert wurde; weitere rund 8000 Menschen verloren ihr Leben durch die Einsätze der „V2”. Das Deutsche Museum zeigt die einzige in Deutschland ausgestellte, vollständige Originalrakete dieser Art.
03.04.2024 14:42 Uhr
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Der aus Grafing stammende Hochfrequenztechniker Hans Haberl – ein Widerständler gegen das Hitler-Regime. (Foto: VA)

Hans Haberl

„… wegen landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Schwarzsendens zum Tode verurteilt“ – so lautete der Spruch, den der Volksgerichtshof am 15. Oktober 1942 in Berlin gegen drei junge Münchner verkündete. Der Anlernschaltmechaniker Walter Klingenbeck, der Praktikant Daniel von Recklinghausen und der Hochfrequenztechniker Hans Haberl – Letzterer aus Grafing stammend – hatten sich 1941 zusammengefunden und vor dem Hintergrund ihrer christlichen und freiheitlichen Wertvorstellungen damit begonnen, auf verschiedenen Wegen gegen die NS-Diktatur zu arbeiten. Die Verhaftung der drei Gleichgesinnten nach Denunziation im Januar 1942 setzte ihrer Widerstandsarbeit jedoch ein rasches Ende. Während Klingenbeck als Anführer der Gruppe am 5. August 1943 in Stadelheim hingerichtet wurde, erfolgte bei von Recklinghausen und Haberl im selben Jahr eine Umwandlung ihres Todesurteils in eine achtjährige Zuchthausstrafe.
06.11.2020 08:46 Uhr
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Polizist verletzt
Historiker Giulio Salvati forschte zur Zwangsarbeit im Rahmen der Ausstellung für das Museum Erding „Erding 1945 – wessen Heimat?“ (Foto: Claudio Salvati)

Ein dunkles Kapitel

Am Freitag, 1. Mai, stellte der Erdinger Historiker Giulio Salvati auf dem Internetportal www.erding-geschichte.de eine neue Datenbank mit Namen, Arbeitgebern und Einsatzorten von etwa 4.000 ausländischen Zivil- und Zwangsarbeitern vor, die zwischen 1939 und 1945 im Landkreis Erding gelebt und gearbeitet haben. In Kooperation mit dem Museum Erding digitalisierten Salvati und neun freiwillige Helfer alle auffindbaren “Arbeitskarten” des damaligen Arbeitsamt Freisings, Außenstelle Erding, aus dem Staatsarchiv München. Diese Karten enthalten in erster Linie Informationen zur Biographie der Zwangsarbeiter und sollen zur Erinnerung und Aufarbeitung des geschehenen Unrechts beitragen. Viele der ausländischen Frauen, Männer und Kinder mussten unter Zwang ihre Heimat verlassen, erduldeten mancherorts Repression, Unterdrückung sowie Gewalt und finden trotzdem bis heute in keinem Denkmal des Landkreises Erwähnung. Auf der anderen Seite haben viele Bauern und Unternehmer von ihnen profitiert – unabhängig davon, ob sie der Ideologie freundlich oder feindlich eingestellt waren, ob sie nur die Produktion aufrechterhalten wollten oder aus Überzeugung gehandelt haben. So verfolgt die Datenbank auch den Zweck, die Rolle der Zwangsarbeit für die lokale Wirtschaft sichtbar zu machen. Außerdem finden betroffene Menschen und deren Nachkommen mit der Datenbank Anhaltspunkte, um sich mit ihrer Familiengeschichte auseinandersetzen zu können, ganz gleich ob aus dem Erdinger Landkreis oder aus dem Ausland. Zu diesem Zweck wird die Datenbank auch weiter ausgebaut, sobald eine weitere Finanzierung gesichert ist, denn noch steht die Erfassung von etwa 4.000 weiteren Dokumenten aus. Die Veröffentlichung der Datenbank erweitert die Familienforschung in Erding, die nun erstmals das Kapitel Zwangsarbeit während der NS-Zeit im Landkreis sichtbar macht und diesbezüglich eine offene Diskussionskultur fördern möchte. Außerdem bietet das Portal den Nachkommen von ehemaligen Zwangsarbeitern erste Anhaltspunkte, ihre eigene Familiengeschichte zu erforschen. Damit steht Erding nicht allein dar, etliche Initiativen im Umland wie in Moosburg, Mühldorf, Dorfen und Wasserburg haben sich der Aufarbeitung bislang vergessener NS-Verbrechen gewidmet.
06.11.2020 02:26 Uhr
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